Svenja Gutsche ist als seit etwas mehr als einem halben Jahr Staatsanwältin bei der Staatsanwaltschaft Frankfurt am Main und bearbeitet ein Dezernat für Allgemeine Strafsachen. Vor ihrer Ernennung als Richterin auf Probe war sie – ebenfalls bei der Staatsanwaltschaft Frankfurt am Main – als Brückenassessorin eingesetzt. Svenja Gutsche hat einige Auslandserfahrungen., die sie während ihrer Schulzeit, des Studiums, nach ihrem ersten Staatsexamen sowie während des Referendariats in den USA, China, Rumänien und Georgien erworben hat. Parallel zu ihrem Studium arbeitete sie an einem strafrechtlichen Lehrstuhl der Goethe-Universität Frankfurt am Main und in einer internationalen Wirtschaftssozietät.
Lorenz Färber ist seit Anfang 2023 Richter auf Probe in einer Zivilkammer des Landgerichts Wiesbaden. Auch Lorenz Färber hat die AssessorBrücke durchlaufen und war während dieser Zeit bereits in der gleichen Kammer beim Landgericht wie nach seiner Ernennung als Richter eingesetzt. Lorenz Färber hat sich im Rahmen eines Freiwilligen Sozialen Jahres und während des Studiums stets vielfältig sozial und gesellschaftlich engagiert. Er schätzt besonders den Umgang mit verschiedensten Menschen. Während seines Studiums und des Referendariats sammelte Lorenz Färber Erfahrungen sowohl in einer großen Wirtschaftskanzlei, wie auch an einem wissenschaftlichen Lehrstuhl.
Im Gespräch mit Justizstaatssekretärin Tanja Eichner berichten die beiden, warum sie sich für die hessischen Justiz entschieden haben, wie ihr Berufseinstieg verlaufen ist und ob sie angehenden Juristinnen und Juristen ebenfalls zu diesem Schritt raten.
Wann hatten Sie das erste Mal Kontakt mit der Justiz bzw. einer Tätigkeit in der Justiz?
Svenja Gutsche:
Ich war schon immer fasziniert von der Justiz und dem Thema Gericht. Schon als Kind mussten meine Geschwister mit mir Gerichtsshows nachspielen. In der 9. Klasse habe ich dann ein Praktikum bei der Staatsanwaltschaft Darmstadt gemacht. Ich wurde damals sehr gut betreut, durfte mir viel anschauen und war begeistert von der Arbeit.
Lorenz Färber:
Ich hatte in der Schule drei Jahre das Fach „Rechtskunde“, unterrichtet von einer Rechtsanwältin. Das hat mir viel Spaß gemacht. Mit dem Kurs haben wir auch einmal eine Gerichtsverhandlung besucht. Der Richter hat uns sehr viel erklärt, was den Besuch besonders spannend gemacht hat.
Frau Gutsche, Sie haben bereits mehrere Auslandsaufenthalte absolviert. Aufgrund dieser Erfahrungen: Was zeichnet für Sie den deutschen Rechtsstaat aus und was bedeutet es für Sie ein Teil davon zu sein?
Svenja Gutsche:
Hierzu kann ich eine Anekdote von einem Strafverteidiger aus Georgien erzählen. Er hat seinen Beruf aufgegeben, weil er nicht für das dortige System arbeiten wollte. Ich fand das erschütternd, weil er so viel Zeit in seine Ausbildung gesteckt hat. Unseren Rechtsstaat in Deutschland zeichnet es aus, dass diejenigen, die für unseren Staat arbeiten, hinter rechtsstaatlichen Prinzipien stehen, diese nach außen tragen und so auch das Vertrauen in den Rechtsstaat stärken. Wir haben ein gesundes Verhältnis zu unserem Rechtsstaat.
Sie beide haben vor Ihrer Ernennung auch Erfahrungen in anderen Bereichen gesammelt. Was war Ihre Motivation, sich für eine Tätigkeit in der Justiz, insbesondere der hessischen Justiz, zu entscheiden?
Svenja Gutsche:
Die Tätigkeit in der Justiz war bzw. ist mein Traumberuf. Das hat sich auch während des Referendariats bestätigt. Ich habe mich sehr bewusst für die Justiz entschieden. Die Interessenvertretung in einer Anwaltskanzlei liegt mir nicht. Ich möchte lieber näher am Menschen, für die Gesellschaft und objektiv arbeiten.
Lorenz Färber:
Ich schätze am Beruf des Richters, dass er so verantwortungsvoll ist, aber auch sehr abwechslungsreich. Durch die verschiedenen Fälle tritt keine Monotonie ein. Man hat am Gericht mit dem prallen Leben zu tun. Natürlich schätze ich auch die richterliche Unabhängigkeit. Ich habe mich daher sehr bewusst für den Beruf des Richters entschieden.
Auch die deutlich höheren Gehälter konnten Sie beide nicht zu einer Tätigkeit etwa in der Anwaltschaft bewegen. Warum?
Svenja Gutsche:
Es ist die Sinnhaftigkeit der Tätigkeit in der Justiz, die mir viel bedeutet.
Lorenz Färber:
Geld ist nicht alles. Es ist ebenso wichtig, dass man hinter dem Beruf steht und die Tätigkeit Freude macht.
Wie empfanden Sie das Bewerbungsverfahren?
Svenja Gutsche:
Es ging alles ganz reibungslos und schnell, so wie ich es auch schon von Bekannten berichtet bekommen hatte. Ich wurde angerufen, hatte zwei Gespräche und konnte auch frühzeitig den Wunsch äußern, die AssessorBrücke zu machen. Insgesamt war die Kommunikation sehr nett und wertschätzend.
Lorenz Färber:
Mich hat bereits mein AG-Leiter angesprochen, mich doch zu bewerben. Ich habe dann auch bereits vor der mündlichen Prüfung meine Unterlagen eingereicht. Abgesehen von einer kurzen Wartezeit über die Weihnachtsfeiertage ging es dann auch bei mir sehr schnell mit den beiden Gesprächen im Ministerium.
Wie gestaltete sich Ihr Berufseinstieg und welche Auswirkungen hatte die AssessorBrücke dabei?
Lorenz Färber:
Ich war der allererste Brückenassessor dieses neuen Projekts, sodass viele noch nicht wussten, welche Rolle ich einnehmen sollte. Dennoch bekam ich schnell unter anderem ein mehrbändiges, älteres Verfahren aus meinem jetzigen Dezernat zur Einarbeitung. Nach der Ernennung war das dann ein großer Vorteil, da ich dieses Verfahren zeitnah abschließen konnte. Ohne die AssessorBrücke wäre eine solch gründliche Einarbeitung in dieses umfangreiche Verfahren schwierig gewesen. Außerdem lernte ich bereits alle Kolleginnen und Kollegen kennen und konnte Organisatorisches klären, sodass der eigentliche Berufseinstieg fließend war.
Svenja Gutsche:
Es war wirklich ein Vorteil, dass man die Arbeitsschritte, die Kolleginnen und Kollegen, die IT-Systeme und die Abläufe bereits während der AssessorBrücke kennengelernt hat. Der eigentliche Berufseinstieg ist mir dadurch viel leichter gefallen, auch mein Gegenzeichner bei der Staatsanwaltschaft hat dies bemerkt.
Wurden Ihre Erwartungen an Ihren Start in der Justiz erfüllt und würden Sie die Tätigkeit weiterempfehlen?
Lorenz Färber:
Das Bild, dass ich von der richterlichen Arbeit hatte, hat sich bestätigt. Der Start ist natürlich nicht leicht, die Verfügungstechnik etwa lernt man vorher nicht. Auch die Arbeitsbelastung ist hoch, das wird aber mit wachsender Erfahrung schnell besser. Gerade auch das kollegiale Umfeld ist eine große Unterstützung und die Arbeit mit der elektronischen Akte bietet Flexibilität. Ich selbst werbe daher bereits bei unseren Referendarinnen und Referendaren für den Richterberuf.
Svenja Gutsche:
Meine Erwartungen wurden sogar übertroffen. Man bekommt viel Vertrauen entgegengebracht und entscheidet von Anfang an selbstständig. Es ist ein kollegiales, abwechslungsreiches Arbeiten mit großer Verantwortung und Entscheidungsbefugnis. Ich finde auch die Zusammenarbeit mit der Polizei sehr spannend. Diese Vorteile gleichen die hohe Arbeitsbelastung aus. Das berichte ich so auch den Referendarinnen und Referendaren.
Stellen Sie sich vor, Sie kommen von der Arbeit und denken sich: „Das war der beste Arbeitstag. Ich liebe diesen Job”. Wie sah dieser Tag aus? Was haben Sie gemacht?
Svenja Gutsche:
Ich würde sagen, ich war vormittags in einer Gerichtsverhandlung, wo ich mich mit den anderen Prozessbeteiligten auseinandergesetzt habe. Sodann verbringe ich eine nette Mittagspause mit den Kolleginnen und Kollegen und bearbeite nachmittags meinen Aktenzutrag. Es ist also der Mix aus Kontakt mit anderen Professionen, Kolleginnen und Kollegen und selbständiger Arbeit, der den Tag gut macht.
Lorenz Färber:
Ich hätte auch einen Verhandlungstag und würde die Verfahren jeweils mit gerechten und im Idealfall von allen Verfahrensbeteiligten akzeptierten Entscheidungen abschließen. Der Tag wäre außerdem sehr abwechslungsreich, beispielsweise verbunden mit einer schönen Feier im Kollegenkreis.
Welchen Tipp haben Sie für zukünftige Kolleginnen und Kollegen – auch zum Ausgleich nach einem stressigen Arbeitstag oder nach einer stressigen Arbeitswoche?
Svenja Gutsche:
Angehenden Kolleginnen und Kollegen möchte ich auf jeden Fall raten, das Referendariat zu nutzen. Es bietet viele Möglichkeiten, sich verschiedenste Bereiche anzuschauen. Ansonsten ist mein Tipp Sport – am besten Yoga- zum Ausgleich.
Lorenz Färber:
Ich denke auch, man sollte früh anfangen, sich verschiedene Bereiche anzuschauen, um seinen Weg zu finden. Wenn man mit den Leuten dort ins Gespräch kommt, erfährt man viel und erhält nützliche Hinweise.